Neuer Artikel 148aStGB : unrechtmässiger Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe

Am 1. Oktober 2016 treten im Rahmen der Umsetzung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Ausschaffung krimineller Ausländerinnen und Ausländer diverse Änderungen des Strafgesetzbuches in Kraft. Unter anderem wird in Artikel 148a StGB ein neuer Straftatbestand „Unrechtmässiger Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe“ geschaffen. Dieser lautet wie folgt:

Art. 148a
1 Wer jemanden durch unwahre oder unvollständige Angaben, durch Verschweigen von Tatsachen oder in anderer Weise irreführt oder in einem Irrtum bestärkt, sodass er oder ein anderer Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe bezieht, die ihm oder dem andern nicht zustehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.
2 In leichten Fällen ist die Strafe Busse.

Systematisch handelt es sich bei diesem neuen Straftatbestand um einen Auffangtatbestand zum Betrug (Art. 146 StGB). Artikel 146 StGB setzt eine arglistige Irreführung bzw. Bestärkung in einem Irrtum voraus. Fehlt dieses qualifizierende Element und ist damit der schwerere Betrugstatbestand nicht erfüllt, findet der Auffangtatbestand Anwendung. Dieser lässt es genügen, dass der Täter jemanden durch bestimmte Tathandlungen irreführt oder in einem Irrtum bestärkt, ohne dass Arglist gegeben sein muss. Der neue Artikel 148a StGB formuliert damit einzig das strafbare Verhalten im Bereich des unrechtmässigen Bezugs von Sozialleistungen, das nicht bereits durch den Betrugstatbestand abgedeckt ist (Botschaft zur Änderung des Strafgesetzbuchs und des Militärstrafgesetzes vom 26. Juni 2013, BBI 2013, 6036).

Dieser neue Straftatbestand könnte in Fällen von Meldepflichtverletzungen oder anderweitigen unrechtmässigen Leistungsbezügen allenfalls erfüllt sein und dann auch Anlass für eine entsprechende Strafanzeige durch die Familienausgleichskasse bilden.

In solchen Fällen nach Art. 25 Abs. 2 ATSG i.V.m. Art. 148a und Art. 97 Abs. 1 lit. d StGB gilt jeweils die längere absolute Verjährungsfrist von sieben Jahren.

 

Mitteilung des Bundesamts für Sozialversicherungen BSV, Familienfragen, vom 29. September 2016